Drei Jugendliche lernen im Internet eine paarungswillige Dame kennen. Als sie sie aufsuchen, werden sie allerdings betäubt und auf die Farm einer kleinen Weltuntergangssekte außerhalb der Stadt verschleppt. Der Anführer hetzt vor allem gegen Homosexualität und lässt bei seinen Predigten gleich Taten folgen, indem er beginnt, die Gefangenen zu foltern und zu töten. Durch einen Zufall taucht die Polizei auf und als ein Beamter erschossen wird, umstellt die Staatspolizei das Gelände – mit dem Auftrag, keine Gefangenen zu machen. Die Sekte verfügt allerdings über ein riesiges Waffenlager…
Ich liebe Kevin Smith. Ich liebe ihn für die Filme, die er uns präsentiert hat, „Clerks“, „Mallrats“, „Jay Und Silent Bob Schlagen Zurück“, „Jersey Girl“ und „Clerks 2“. „Dogma“ und „Chasing Amy“ gehören sogar zu meinen All-Time-Top-10. Kein anderer Regisseur schafft es, hintergründigen Humor mit großem Spaß an Albernheit zu verbinden, wie Smith. Er ist einer der ganz Großen!
Und nun wendet er sich vom Komödienfach ab und liefert mit „Red State“ einen extrem zynischen und harten Thriller ab, der sonst nur von Leuten wie Tarantino oder Rodriguez kommen könnte. Und natürlich hat der Film eine ganz eigene Smith-Note.
Die Handlung ist schlicht und lehnt sich deutlich an die Belagerung der Davidianer-Sekte in Waco/Texas im Jahr 1993 an. Die zweite Hälfte des Films ist dann, bis auf einen kurzen Epilog, eine reine Schießerei, die durch eine Smith-typische Überraschung beendet wird.
Das alles ist, ohne Abspann gerechnet, nach 84 Minuten beendet, so dass keinerlei Langeweile aufkommen kann. Gut so. Eine echte Hauptfigur gibt es nicht, die drei sexgeilen Jungs werden nicht weiter charakterisiert, ebenso wenig die Sektenmitglieder. Lediglich Sektenführer Abin Cooper darf zeigen, wie er durch großes Charisma seine Gefolgsleute an sich bindet und in den religiösen Wahn treibt. Michael Parks brilliert hier wirklich und ist absolut überzeugend als „Daddy“ seiner Glaubensgemeinschaft. Das kann er vor allem in seiner rund 15minütigen Predigt rüberbringen. So eine lange Szene hätte sich wohl kaum ein anderer Regisseur getraut, denn sie nimmt das Tempo aus dem Film etwas raus, ist aber wichtig um zu verstehen, warum seine Anhänger ihm bis in den Tod folgen. Alternativ hätte in dieser Rolle auch Harvey Keitel prima gepasst.
Die andere zentrale Figur ist John Goodman als Agent Keenan von der Staatspolizei, der den Einsatz leitet und moralische Probleme damit hat, den Befehl, alle zu töten, auszuführen. Ich mag John Goodman schon sehr lange, in den letzten Jahren war er hierzulande nicht sehr präsent, wenn man mal vom Erfolg „Die Päpstin“ absieht, und hatte wohl auch einige Alkoholprobleme, mit der Rolle in „Red State“ als desillusionierter Polizist kann er aber mal wieder voll überzeugen. Ein großer Schauspieler.
Kevin Smith hat den Film fast völlig ohne unpassenden Humor inszeniert und stattdessen eine ordentliche Härte an den Tag gelegt. Es gibt jede Menge blutige Einschüsse und größere Wunden und man erwartet fast schon, dass auch die Kinder von der Polizei wie befohlen getötet werden, in amerikanischen Filmen eigentlich ein absolutes Tabu, aber kann man bei Kevin Smith wirklich erwarten, dass er sich an Regeln hält? Mich hätte es nicht einmal gewundert, wenn die Posaunen, die das Ende der Belagerung bedeuten wirklich das Ende der Welt eingeleitet hätten, wie die Sekte vermutet. Das wäre auch typisch Kevin Smith gewesen und eine wirklich überraschende Wende. So bleibt aber alles irdisch und dem ernsten Thema angemessen.
Viele Rezensenten haben Smith für „Red State“ heftig kritisiert, weil er fast eine reine Baller-Orgie produziert hat, in der die Figuren weitgehend unwichtig sind. Aber gerade das war wohl die Intention des Regisseurs. Wer will, kann den Film einfach als harten Actionfilm konsumieren, man kann aber auch eine Menge hinein interpretieren. Kontrovers war die Arbeit von Kevin Smith schon immer und es ist bekannt, dass er gerne provoziert, warum sollte das hier also anders sein?
Wer Kevin Smith für seine Komödien liebt, wird sicher überrascht oder sogar enttäuscht sein, wenn er sich vor dem Ansehen nicht ein wenig über „Red State“ informiert. Ich bin aber begeistert von diesem sehr gradlinigen und rohen Film und bin mehr als gespannt, was Smith uns in Zukunft noch präsentieren wird. Dass er für Überraschungen gut ist, hat er ja mal wieder bewiesen. Nur scheinen ihm das viele Kritiker nicht zuzugestehen.
Die deutsche Blu Ray ist bei Planet Media/Ascot Elite erschienen. Aufgrund einiger blutiger Details ist die „Ab 18“-Freigabe nachvollziehbar, geschnitten wurde aber wohl nicht dafür. An der Bild- und Tonqualität gibt es nichts zu bemängeln. Standardmäßig gibt es deutschen und englischen Ton und deutsche Untertitel. Vorliegen tut mir offenbar die Verleih-DVD, die als Bonus nur zwei Trailer enthält. Auf der Label-Seite ist aber einiges mehr angekündigt. Aber hier zählt sowieso nur der Film an sich. (A.P.)
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